Vom Feld bis zur Küche: Wie kommt eigentlich das Mehl in Euer Backwerk?

Die Rolle des Getreideanbaus
Ohne den Landwirt geht nichts: Er bestellt seine Felder mit Getreide und sorgt für optimale Wachstumsbedingungen. Dazu benötigt er Erfahrung und Fachwissen, um hohe Erträge in guter Qualität erzielen zu können. Das Wetter spielt nicht nur beim Wachstum eine große Rolle, sondern beeinflusst auch die Zusammensetzung des Korns. Es bestimmt also, wie hoch der Anteil von Eiweiß und weiteren Nährstoffen ist.
Getreide wird schon seit vielen tausend Jahren vom Menschen angebaut, um seine Ernährung zu sichern. Aus Süßgräsern wurden unterschiedliche Zuchtformen entwickelt. Die wichtigsten Getreidearten findest Du hier. Um die 200 Weizen- und Roggensorten sind in Deutschland offiziell zugelassen und bieten durch erfolgreiche Züchtung eine immer bessere Qualität.
Ein wichtiger Punkt, den der Landwirt beim Getreideanbau beachten muss, ist die Fruchtfolge auf den Feldern. Die einzelnen Getreidesorten sind hier unterschiedlich anspruchsvoll. Weizen, das Getreide, aus denen das normale weiße Mehl der Type 405 für Eure Kuchen besteht, darf zum Beispiel nicht zweimal hintereinander auf dem gleichen Feld angebaut werden. Nur auf besonders geeigneten Böden ist der Weizenanbau alle zwei Jahre möglich. Ansonsten gilt ein Anteil des Weizens von 25 Prozent innerhalb der Fruchtfolge als ideal. Durch den beständigen Wechsel und den Anbau anderer Feldfrüchte haben so genannte Phytopathogene, die den Pflanzen schaden können, keine dauerhafte Chance.
Auch durch den Saattermin kann der Landwirt den Ertrag beeinflussen. Häufig wird das Getreide als Wintergetreide angebaut wird und erlebt damit eine Frostperiode. Mehrere Faktoren wie die Ausnutzung der höheren Feuchtigkeit in den Wintermonaten, der ersten warmen Frühlingstage und allgemein der längeren Wachstumszeit führen zu guten Erträgen. Vor allem die typischerweise für Mehl verwendeten Getreide werden so angebaut – als Winterweizen und Winterroggen. Typische Sommergetreide sind hingegen Mais, Hafer und Gerste, die erst ab März ausgesät werden.
Wann der richtige Zeitpunkt für die Getreideernte gekommen ist, kann der Landwirt anhand der Wachstumsstadien bestimmen, die in der so genannten BBCH-Skala erfasst sind. Eine Ernte ist im Zustand der Vollreife oder der Totreife möglich – letztere bedeutet übrigens nur, dass Mehlkörper und Schale im biologischen Sinn tot sind. Die Körner sind dann so hart, dass sie nicht mehr mit dem Daumennagel eingedrückt werden können. In diesem Stadium kann der Mähdrescher eingesetzt werden. Beim Dreschen werden die Getreidekörner von den restlichen Pflanzenbestandteilen getrennt, die anschließend zu Stroh gepresst werden.
Landwirte und Mühlen arbeiten übrigens schon sehr früh Hand in Hand, um eine hohe Qualität der Mehlprodukte erzielen zu können. Dazu gehören gemeinsame Kontrollen der Felder in regelmäßigen Zeitabständen. Getreidesorten, deren Mehl nachweislich eine besonders hohe Backqualität aufweist, werden identifiziert und als Sortenempfehlung in Zukunft weiterhin angebaut.
Durch die Kooperation ist das Getreide kein anonymes Produkt – es kann sogar ein Herkunftsnachweis bis zum Feld des Landwirtes geführt werden.
Vom Korn zum Mehl: Wie es in der Mühle weitergeht
Viele Landwirte liefern Ihre Getreideernte selbst bei einer regionalen Mühle ab. Die kurzen Transportwege schonen die Umwelt. Die Anlieferung erfolgt meist während der Erntezeit. Deshalb sind Silos zur Zwischenlagerung des Getreides unverzichtbar.
Beim Eintreffen in der Mühle wandern zunächst Proben in das betriebseigene Untersuchungslabor. Hier werden Proteingehalt, Feuchtigkeit und Stärkeeigenschaften bestimmt und außerdem die Sauberkeit überprüft. Auch eine visuelle und sensorische Kontrolle durch den Menschen gehört dazu. Im Anschluss wird die Qualitätsstufe festgelegt. Erste Probevermahlungen und Backversuche helfen bei der Bestimmung des späteren Verwendungszwecks. Die Versuche geben Aufschluss über das Teig-, Knet- und Backverhalten.
Das angelieferte Getreide wird einer groben Vorreinigung unterzogen, in der Fremdkörper wie Steine oder Unkraut sowie letzte Strohreste entfernt werden. Erst dann erfolgt die Speicherung in Silos, die ideale Lagerbedingungen aufweisen. Die Lüftung der Silos wird dem Wetter angepasst und ist notwendig, weil die Getreidekörner während der Lagerung Sauerstoff aufnehmen und Kohlendioxid abgeben sowie Wärme und Feuchtigkeit erzeugen.
Vor dem eigentlichen Vermahlen erfolgt abermals eine Reinigung. Nicht erwünscht sind Fremdbesatz, Weißbesatz und Schwarzbesatz sowie das giftige Mutterkorn, eine Pilzart. Bis zu 5 % des angelieferten Getreides wird so noch einmal ausgesondert. Möglich wird das durch echte High-Tech: Ein Farbausleser kann die unerwünschten Komponenten bestimmen und herausfiltern.
Je nach gewünschter Mehlqualität werden mehrere Getreidequalitäten miteinander gemischt. Beim Vermahlen erfolgt eine saubere Trennung in kleiefreies Mehl und mehlfreie Kleie. Wichtig ist eine ausreichende Mahlfeuchtigkeit, durch die sich die Komponenten des Korns leichter voneinander lösen. Aus diesem Grund wird das Getreide zunächst mit Wasser benetzt, um den Mahlvorgang zu erleichtern.
Der gute alte Mühlstein hat übrigens ausgedient und ist durch ein ganzes Arsenal an Maschinen ersetzt worden, die feinste Mehlqualitäten liefern können. Im mehrstufigen Mahlvorgang werden immer wieder Teile voneinander abgesondert.
Die Vermahlung selbst erfolgt auf Walzenstühlen. Der Schrotwalzenstuhl macht den Anfang und bricht mit seinen geriffelten Walzen die Schale des Korns auf. Auf Glattwalzenstühlen wird im späteren Verlauf das eigentliche Mehl erzeugt.
Zwischendurch trennen Plansichter – eine Anordnung von Sieben – immer wieder die unterschiedlich großen Kornteile voneinander und sondern die Kleie vom immer feiner werdenden Mehl ab.
In Grießputzmaschinen werden die Grieße und Dunste von Kleieteilen gelöst.
Nach dem Vermahlen erfolgt eine Qualitätskontrolle des Endproduktes, das anschließend im Mehlsilo zwischengelagert wird oder zur Absackung gelangt. Wichtig ist eine Lagerzeit von mehreren Wochen nach der Vermahlung, damit sich die Geschmacks- und Backeigenschaften voll entwickeln können.
Gut zu wissen: Wie ist das Getreidekorn aufgebaut?
Ein Getreidekorn ist ein recht komplexes Gebilde, von dem nur wenige Teile für die Mehlgewinnung von Bedeutung sind. Die äußere Hülle und zugleich den Schutz gegen äußere Einflüsse bilden die Frucht- und die Samenschale. Sie sind reich an Mineralien und Ballaststoffen und beherbergen den eiweißreichen Keimling und den Mehlkörper, der für die Mehlgewinnung natürlich besonders wichtig ist.
Nicht alle Bestandteile des Getreidekorns finden den Weg ins Mehl. Genau in diesem Punkt entstehen die Unterschiede zwischen den einzelnen Mehltypen. Helle Mehle besitzen einen niedrigen Ausmahlungsgrad und bestehen fast nur noch aus Teilen des eigentlichen Mehlkörpers. Dadurch besitzen sie einen hohen Stärkeanteil und eine gute Kleberqualität. Das auch als Gluten bekannte Klebereiweiß erhöht die Backfähigkeit des Mehls, denn es kann dadurch mehr Wasser aufgenommen werden. Das Teigvolumen erhöht sich und beim Backvorgang entsteht durch Verkleisterung der enthaltenen Stärke mit dem Klebereiweiß die typische Krume.
In dunkleren Mehlen sind deutlich mehr Anteile der Schale – und damit auch mehr Mineralien und Ballaststoffe – enthalten, was sie besonders gesund macht. Vollkornmehle und -schrote machen ihrem Namen alle Ehre und enthalten das volle Korn einschließlich Schale und Keimling.
Schrot, Grieß, Dunst und Mehl – wo liegt der Unterschied?
Klar, zum Backen nehmt Ihr im Normalfall Mehl in unterschiedlichen Typen. Aber kennt Ihr schon seine ganze Verwandtschaft? Es gibt noch weitere Erzeugnisse aus der Mühle, nämlich Schrot, Grieß und Dunst. Worum handelt es sich dabei und wozu werden sie verwendet?
Einen recht hohen Bekanntheitsgrad genießt der Grieß. Ob als Grießbrei oder Grießknödel – er ist in der Küche ein durchaus gern gesehener Gast. Auch als Hartzweizengrieß in der Nudelherstellung kommt er zum Einsatz. Die wesentlich feineren Mehlpartikel werden vom Grieß während des Vermahlens abgetrennt.
Auch Schrot kennt Ihr bestimmt: Hierbei handelt es sich um grob zerkleinertes Getreide. Backschrot, der meist aus Roggen oder Weizen hergestellt wird, kommt ohne Keimling daher. Im Vollkornschrot hingegen ist auch der eiweißreiche Keimling enthalten.
Dunst ist vom Ausmahlungsgrad her zwischen Mehl und Grieß angesiedelt und wird auch als doppelgriffiges Mehl, Dunstmehl oder Feingrieß bezeichnet. Da Dunst mehr gröbere Schalenteile enthält als Mehl, ist er in der Lage, mehr Flüssigkeit aufzunehmen. Gleichzeitig sind die Backerzeugnisse von der Konsistenz her etwas kerniger. Er wird daher vor allem für die Nudelherstellung – eine echte Empfehlung, wenn Ihr zum Beispiel Spätzle selbst herstellen wollt – Strudel sowie Backwaren aus Hefe verwendet.
Für Eure Kuchen, Torten und Plätzchen eignet sich natürlich das feine Weizenmehl in der Type 405 am besten. Eine Übersicht über die Mehltypen und ihre Verwendung findet Ihr hier.
Wohin wird das Mehl geliefert?
Als Hobbybäcker oder Hobbybäckerin wirst Du das Mehl, das Du zum Backen benötigst, in den meisten Fällen im Supermarkt oder Bioladen kaufen. Zuvor wird es meistens in das Zentrallager der jeweiligen Kette geliefert und anschließend auf die Filialen verteilt.
Großabnehmer haben andere Ansprüche und beziehen ihr Mehl nicht aus dem Supermarktregal. Deshalb erhalten Bäckereien und weitere Unternehmen in der Lebensmittelindustrie die von ihnen benötigten Mehlprodukte in Säcken, deren Inhalt bei 20 kg beginnt, oder sogar Big Bags, deren Füllmenge etwas mehr als eine Tonne betragen kann. Auch die Lieferung in Silofahrzeugen ist keine Seltenheit.
In den deutschen Bäckereien entstehen aus dem Mehl schließlich unzählige Brotsorten und über 1000 verschiedene Klein- und Feingebäcke. Die Variationsmöglichkeiten sind also nicht nur in Deiner heimischen Backstube groß. Wusstest Du, dass die 3.200 eingetragenen Brotsorten der deutschen Innungsbäcker zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO gehören? Diese Vielfalt in der deutschen Brotkultur ist also etwas ganz Besonderes.
Neben industriell hergestellten Kuchen, Toastbrot und weiterem Gebäck ist das Mehl, das an die Industrie geliefert wird, vor allem Grundlage für Tiefkühlpizzen. Aber auch in Suppen, Soßen, Babynahrung und sogar vielen Süßigkeiten gehören Mehlprodukte zu den Grundbestandteilen.
So lagerst Du Dein Mehl richtig
Mehl gehört zu den Zutaten im Vorratsschrank, die gefühlt quasi ewig halten, denn man sieht ihm sein Alter nicht an. Als leidenschaftlicher Backfan verbrauchst Du das Mehl sicherlich so schnell, dass eine angebrochene Tüte gar nicht lange in Deiner Küche herumsteht. Aber wie sieht das aus, wenn Du direkt einen größeren Mehlvorrat angelegt hast?
Helle Mehle wie das für viele Gebäcke verwendete Weizenmehl, sind ein bis anderthalb Jahre haltbar, wenn die Umgebungsbedingungen stimmen. Wie bei vielen Lebensmittel bedeutet das: vor allem kühl und trocken sowie vor Sonnenlicht geschützt. Die Temperaturen liegen idealerweise unter 20 °C, die Luftfeuchtigkeit bei unter 65 %. Dein Küchenschrank erfüllt diese Bedingungen in den meisten Fällen, sollte aber nicht direkt neben dem Herd oder dem Kühlschrank stehen.
Dunkle Mehle wie Roggenmehl halten sich bei diesen Bedingungen maximal ein Jahr; am besten verbrauchst Du es innerhalb von etwa sechs bis acht Monaten. Vollkornmehl ist deutlich empfindlicher, denn im Laufe von wenigen Wochen bauen sich die Fettsäuren im Keimling und den Schalen ab, so dass das Mehl ranzig wird. Nach spätestens sechs bis 8 Wochen solltest Du das Vollkornmehl aufgebraucht haben.